
Nora, 2010
Michael Etzenspergers aktuelle Arbeit ist geprägt vom Experimentieren mit Fotoemulsion. Unterschiedlichste Materialien nehmen den Platz des herkömmlichen lichtempfindlichen Fotopapiers ein: handgeschöpf-tes Papier, Briefumschläge, Leinwand aber auch Glas und Holz werden zum Bildträger. Die Fotoemulsion mit einem Pinsel oder Handroller in einer dünnen Schicht aufgetragen, lässt eine einzigartige Textur entstehen. Unter dem Vergrösserungsgerät wird das Material im Labor direkt mit einem Schwarzweiss-Negativbild belichtet und das an-schliessende Entwickeln lässt so eine malerisch wirkende Fotografie entstehen.
Das Ergebnis der Belichtung der chemischen Emulsion auf verschie-denen Trägerschichten hängt von der Oberflächenbeschaffenheit des verwendeten Objektes und Materials ab. Die Emulsion bindet sich an jede Unterlage anders und lässt die Qualitäten des Stoffes, ob rau, uneben oder glatt Teil der Arbeit werden. Die Struktur, der Kontrast und der Tonwert der noch verborgenen Fotografie ist unvorhersehbar und dem experimentellen Charakter unterworfen. Der optisch-chemische Prozess, den Michael Etzensperger für seine Arbeit wählt, hebt die originalgetreue Wiedergabe des Fotonegatives und dessen Reproduzierbarkeit auf - jedes Abbild wird zum Unikat, jede Patina des Bildträgers integrales Element.
In der Arbeit Velo manipuliert Michael Etzensperger direkt und unmittelbar das entstehende Bild, indem er im roten Laborlicht das auf Büttenpapier projizierte Bild kopiert und mit dem in Fotoemulsion getauchten Pinsel den Konturen und Flächen folgt. Die Fotografie weist in der Endform eine malerische Ästhetik auf. In Sulzerareal ist das Bild von Hausfassaden auf Holzklötzen übertragen, die aus dem titelgebenden Areal stammen. Neben- und aufeinander gestapelt, bilden die ehemaligen Bodenklötze zusammen einen Miniaturgebäudekomplex.
Nadia Veronese