
tilting up to nearly
Vorgefundenes ist Auslöser für Neuinterpretationen, für subtile Ein-griffe in die räumliche Baustruktur. Markus Kummer tastet den Raum ab und lässt Formen und Farben in neu gesetzte Interventionen in eigen-ständige Kunstwerke einfliessen. Es sind kleine Eingriffe in die vorhandene Bausubstanz, die er für seine bildnerische Umsetzung findet. Markus Kummer arbeitet durchaus physisch, der Umgang mit Bau-material ist ihm nicht fremd. Die elementare Sprache von Material und Form sowie der rohe Ausdruck von Baumaterial und von gebrauchten Dingen liegen seinen Werken zugrunde. Der Raum und die schlichte Kraft des Materials sowie die Ausstrahlung von Alltagsdingen ist stets Ausgangspunkt für neue künstlerische Bildfindungen.
Open Source nutzt einen vorgefundenen, aus der Wand hervortretenden Kunststoffschlauch. Markus Kummer lässt das nutzlos gewordene Über-bleibsel zur Lichtquelle werden, indem er ein Stromkabel hindurch-führt und eine Glühbirne montiert. Highlight verändert beide Ebenen des Gebäudes: die Leuchtstoffröhren in der Metallhalterung werden ins Untergeschoss verlagert. Die Ketten und das Kabel durchbohren den alten Holzboden, durchschneiden physisch den Raum. Die beiden Leucht-stoffröhren beleuchten nunmehr den Keller und legen zurückgebliebenen Schutt und Abfall offen. Die Wandarbeit Ohne Titel nutzt eine quadra-tische Sondierungsstelle an der Rückwand der ehemaligen Käsehalle. Markus Kummer nutzt die Leerstelle, um mit Stoff und Gips eine reliefartige Wandarbeit zu formen und so die offengelegte Bau-substanz wieder zu verhüllen und zum Verschwinden zu bringen. Wie eine leere Hülle hängt ein Stück Stoff in legerem Faltenwurf von der Wand. Die Bodenskulptur Ohne Titel besteht aus Stoff und Beton. Die Stele wird von angegossenem Stoff getarnt und gleichzeitig statisch gestützt.
Markus Kummer betrachtet die Ausstellung in ihrer Gesamtheit, um sie in ihrem Zusammenspiel mit dem Raum zu erfassen. Seine Präzision im Besonderen liegt in der Fragestellung von Grenze und Begrenzung: an eine Grenze stossen und die Bewegung nutzen, zurückzustossen oder gar durchzustossen. Seine Werke sind als Material zumeist schon vorhanden und vereinen sich als Gebundenes und Konstruiertes. Ist es Relikt? Ist es Skulptur? Ist es illusionistisch? Ist es minimalistisch? Die Qualität und die Möglichkeit von leicht transformiertem Bau- und Industriematerial legen eine neue Textur und somit eine neue Lesart offen.
Nadia Veronese